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Pekarna, Pekarna, Pekarna

"Pekarna". "Bäckerei" oder etwas in der Art muss das heißen.

Sie sind überall. Jede Ecke hat mindestens zwei davon - aus gutem Grund!

Niemals zuvor habe ich so gerne gefrühstückt wie in Kroatien! Es scheint für die Kroaten normal zu sein, den ganzen Tag, vollkommen unabhängig von der Uhrzeit Gebäck zu essen, denn die Bäckereien sind ganztägig geöffnet und ständig gut besucht. Die Auswahl ist groß. Und so wurde es für mich zum ersten Mal im Leben üblich, morgens den Bäcker nebenan aufzusuchen um mein Frühstück zu bekommen.

Auch Sonntags und an Feiertagen ist auf die kroatischen Bäcker Verlass :)

Kennenlernen durfte ich diese Eigenart des Landes direkt kurz nach der Einreise von Slowenien aus, unterwegs nach Zagreb.

Einreise von Slowenien? Haha, gleich zwei Mal! Die Grenze machte sich sehr schnell sehr offensichtlich bemerkbar und so rollte gemütlich auf sie zu - dort war die Hölle los! Auf kroatischer Seite stand ein kilometerlanger Stau darauf wartend, nach Slowenien zu dürfen.

Die für einen Grenzübergang im Schengenraum doch eher unübliche Szenerie beäugte ich langsam fahrend - auch, um Grenzbeamten den Eindruck zu vermitteln, dass man mich doch BITTE BITTE anhalten und auf das, was ich möglicherweise verpasse, aufmerksam machen soll, sollte es wichtig sein.

Alle gucken mich blöd an, niemand sagt was...also unbeirrt weiter. Auf der kroatischen Seite geschlossene Grenze, also rede ich mit dem Grenzbeamten.

"Sind Sie irre?" werde ich gefragt. Mein erster Gedanke war, dass er meine Art zu Reisen meint, also lag es nahe, dies zu bejahen.

"Das ist 'ne Autobahn! Nun muss ich die Polizei rufen!" (nicht zu vergessen: ER IST DIE POLIZEI)

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Ups? Hat man etwa vergessen, entsprechende Schilder aufzustellen? Ich hab mich durchaus bewusst nach soetwas umgesehen, denn der ungewohnt imposante Grenzbereich sah schon verdächtig nach soetwas aus.

Der von seinem Beruf und der ihm umgebenen Urlaubslaune offensichtlich angepisste Grenzbeamte beließ es dabei und sandte mich zurück zur slowenischen Seite, wo entgegen meines Wissens ein Grenzübergang auch für Radfahrer zu finden sei.

Zurück auf der slowenischen Seite werde ich von einer Frau mit einem Gesicht wie eine Mischung aus Julius Cäsar und Leonidas angeschnauzt, dass die Straße, die ich suche "irgendwo dahinten" sei. Merke: werde kein Grenzbeamter. Es sei denn, du stehst drauf, unbehelligt unbeteiligten deinen Frust entgegen zu rotzen.

Der für mich legale Grenzübergang war dann nicht schwer zu finden.

Erster Eindruck vom Land: die kaputten Straßen müssen nicht erst gesucht werden. Ein Eindruck, der sich auch bis zur Ausreise nicht geändert hat.

Allgemein konnte mich das kroatische Innenland nicht begeistern. Das lag zu einem nicht geringen Anteil an den düsteren Zeugnissen der Serbenvertreibung. Zerstörte oder einfach aufgegebene Gebäude und niemals neu bewohnte oder aufgebaute Häuser überall im Land verteilt. Nur eine Vorahnung von dem, was man gemeinhin "Bürgerkrieg" nennt.

Doch das ist natürlich nicht alles, was Kroatien zu bieten hat. Das Inland lockt vor allem mit einem: dem UNSECO Welterbe "Plitvicer Seen"!

Zu bieten gab es auch Überraschungen:

Im Laufe der Reise durch Kroatien habe ich mehrfach andere Reisende, welche ich in Hostels kennen gelernt habe woanders wiedergetroffen :)

Charlynn und Alex aus Kanada, Laura aus der Schweiz und Lai aus den Niederlanden!

Das Wiedersehen mit Laura war besonders lustig, da wir uns einen Tag zuvor in einem Hostel kennengelernt haben, welches zu dem Zeitpunkt geschlossen war.

Die anderen Begegnungen fanden ihre Wiederholung in Küstenstädten. Küste?

Küste!

Nach weit mehr als 1000 Kilometern, die sich über Wochen in meinen Weg gelegt haben, erreichte ich also endlich die kroatische Küste - und sie ist so schön, wie ich sie mir vorgestellt habe. Zwar auch für Badeurlaub ungeeigneter, als ich dachte, aber man kann ja nicht alles haben. Schockierend auch der Gegenwind. Einen Tag war er dermaßen stark, dass plötzliche Seitenböen mich immer wieder von der Straße in den Graben oder vor die Autos auf der Straße drücken wollten. Selbstmord liegt mir nicht, also musste ein Bus gefunden werden, welcher mich von Sibenik nach Split bringen würde.

Exakt diese Küste ging es immer weiter in Richtung Südosten. Mit auf dem Weg lagen Split (Wiedersehen mit Charlynn und Alex), Makarska (Hallo Lai!) und natürlich Dubrovnik, noch soein Welterbe.

Was sich in Kroatien als äußerst schwierig herausgestellt hat, war das Abendessen. Wenn ich nicht selbst kochen wollte (nach einem Stunden langen Ritt Abends ankommen heißt meistens, dass ich die verbliebenen Stunden des Tages nicht in einer Küche stehend, sondern Ambiente genießen möchte), musste es also in eine Lokalität. Natürlich versucht man, einige lokale Spezialitäten kennenzulernen - aber irgendwie hat alles in Kroatien permanent keine Saison.

Mangels Couchsurfing auch keine Gelegenheit, etwas heimische Küche zu lernen. Schade!

Der Abschluss in Kroatien hat sich beste Mühe gegeben, mich zu beeindrucken und zu bewegen.

Ich verließ Makarska in Richtung des bosnischen Teilstücks der Küstenlinie mit einer Buchung für ein günstiges Apartment. Nachdem die Zeit in Makarska so schön ruhig und erholsam war, erforderte es besonders bei dem strömenden Regen einen Haufen Willenskraft nicht einfach noch einen Tag vor Ort zu bleiben.

Aber das Glück ist mit den Tüchtigen! Wenige Kilometer vor meinem Ziel rief mich der Kundenservice der Buchungsplattform an und informierte mich darüber, dass mein Gastgeber aus unbekannten Gründen keine Gäste empfangen kann - da ich nun spontan etwas teureres buchen musste, wird mir die Differenz zurückgezahlt.

 

Die Dame am Telefon: "Sind Sie schon in Kroatien?"

Sie hat ja keine Ahnung... :)

Ein quasi geschenkter Aufenthalt in einem Sternehotel anstatt in einer billigen Absteige. Gleich nachdem die Sonne rauskam und mich gründlich trocknete. Großartig, mein gutes Karma lernt, seine Hausaufgaben zu machen! :)

Noch dazu lernte ich Konstantino kennen, einen deutschen jungen Mann, der sich nach seinem Abi aufs Rad setzte und ziemlich genau das vor hat, was ich tue. Er ist allerdings deutlich krasser unterwegs, 100% Camper. Harter Bursche, tiefer Respekt! Er gab mir noch einen Tip für eine Unterkunft nahe der Grenze zu Montenegro.

Bei meiner Ankunft in Komarna, wo ich nun mein Sternehotel geschenkt bekam, begann eine emotionale Achterbahnfahrt.

Niemand vor Ort. Keine besetzte Rezeption, Rufe werden nicht gehört oder ignoriert.

Nach längerem Suchen finde ich eine ältere Dame, welche das ganze dann offensichtlich verwaltet. Kein Englisch und gerade genug Deutsch, um mir zu sagen, dass ich doch bitte bezahlen soll.

Im Zimmer, besonders dem Bad diverse Unschönheiten, W-Lan geht nicht. Alles war in diesem Moment einfach irgendwie blöd und ich empfand es dann als das Mindeste, dass das Bargeld, was ich grad dabei hatte genug war um das Zimmer zu bezahlen, denn Karte wurde nicht akzeptiert.

Erfrischt, hungrig und etwas angefressen darüber, dass jemand es dermaßen unterbesetzt für nötig hält ein Hotel zu betreiben, dass die Zimmer nichtmal sauber sind gehe ich zurück in die Wohnstube der Dame und hoffte, dort meine Portion Nudeln kochen zu dürfen. Mann, wenn man nicht zurecht kommt, soll man gefälligst jemanden einstellen, der einem unter Arme greift!

Nun, die Dame war äußerst freundlich, wenn auch etwas schwer kommunizierbar. Sie war schlichtweg begeistert und machte sich selbst daran, mir meine Nudeln zu machen (Tortellini in kochendes Wasser werfen und nach 2 Minuten wieder raus holen, hätte ich durchaus allein hinbekommen, aber man nimmt ja, was man kriegen kann).

Während meine Privatköchin mit der Küche beschäftigt war, sah ich mich in dem Raum um.

Mein Blick blieb an schwarz umrahmten Bildern hängen. Bilder von einem Mann, der nicht gerade alt aussah, aber nicht mehr der jüngste gewesen sein musste. Weiß der Teufel, wer das war.

Im Augenwinkel mehr Bilder: Familienfotos. Verdächtig viele davon mit diesem Mann zusammen mit der Dame hinter mir in der Küche und einigen Leuten in meinem Alter. Man muss nicht Sherlock Holmes heißen, um sich einen Reim auf das alles zu bilden. Wie auf ein Zeichen stand die Frau neben mir.

"Mein Mann."

Er starb erst vor kurzem. Ihrer Gestik nach irgendwas mit dem Herzen.

Seitdem ist sie mit alledem allein, zur Saison kann sie mit Hilfe ihrer Kinder rechnen.

Vor einigen Minuten ärgerte ich mich noch darüber, dass im Zimmer einiges nicht so war, wie man es von eigentlich frisch gemachten Hotelzimmern erwartete und fand es daneben, dass ich mit ihrem Sohn telefonieren musste, um zu verstehen, wie viel ich überhaupt bezahlen sollte.

So schnell wandelt sich das zu Scham und Bedauern. Trotz ihrer Situation war es noch in Ordnung, dass ich zu wenig Geld dabei hatte. Sie kochte mir noch mein Futter, mit dem sie mich wirklich hätte allein lassen können.

Und ich, auf einem Sonntag anwesend ohne irgendwas in den Taschen um der Dame etwas Entgegenkommen auszudrücken.

Nach einem Mahl, frisch an die Tugend, die Leute nicht ohne etwas über zu wissen zu verurteilen erinnert worden zu sein, war der abendliche Spaziergang im Ort in der Dämmerung weniger von Urlaubsgefühl als von Nachdenklichkeit bestimmt.

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Weiter beeindruckend dann das Wiedersehen mit Konstantino im sogenannten "Mikulici Nature Park", dem Ort, den ein Einheimischer (kommunistischer Kanadier) mitten im Nirgendwo hoch oben auf einem Berg am Ende Kroatiens kurz vor Montenegro für Reisende eingerichtet hat. Ein Plateau mit Platz für Zelte und Lagerfeuer, weit weg von der Straße (und Einkaufsmöglichkeiten).

Dort lernte ich auch zwei weitere Radreisende kennen und alle außer mir sind meines Erachtens herausragende Camper, denn so übernachten sie üblicherweise: 100% Camping. Die Jungs haben mit ihren Campingkochern Sachen gezaubert, da kam mir meine bisherige Höchstleistung von Nudeln mit doppeltem Spiegelei und Soße mickrig vor.

Mit vielen Eindrücken aus jeder erdenklichen Richtung konnte also der letzte Tag in Kroatien sein Ende nehmen und ich anschließend nach Montenegro aufbrechen, wo ich gerade in einem der coolsten Hostels sitze, die es wohl auf der Welt gibt. :)

Montenegro ist nicht groß, bald gibt es mehr zu erzählen.

Bis dann und hoffentlich mit Rückenwind,

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