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Als wäre ich in Neuseeland schon so nur einer von Vielen und damit kein Hingucker wie sonst überall, stehlen hier Leute mit derartigem Gepäck noch zusätzlich die Show

So viel zur Südinsel. Ich war recht früh dran; obwohl Neuseeland soweit anstrengend zu beradeln war, lag ich rein zeitlich verdammt gut im Rennen! Es fiel mir nicht wirklich leicht, mich noch weiter als so schon zu bremsen um die Menge an Zeit, die mir durch das Visum zur Verfügung stand, weiter über die Gesamtstrecke zu dehnen.

Wie gut es war, dass ich unnötig schnell machte, konnte ich da noch nichteinmal erahnen...

Die Nordinsel also.

Mit der Fähre aus dem Süden kommend legt man in Wellington, der Hauptstadt an. Gerne hätte ich mir die Zeit genommen, mich dort mal umzusehen, doch treibten mich technische Dringlichkeiten in ein weit draußen liegenden Außenbezirk: meine Nabenschaltung brauchte mal wieder einen Ölwechsel! Laut Hersteller redet man von einem Wechsel alle 5000km oder nach einem Jahr - meine Nabe wurde zum letzten Mal in Japan, Mai 2018 frisch geschmiert. Das Öl war alt und mit circa 8000km auch nicht ganz unbeansprucht. Dem Händler nahm ich auch gleich ein zweites Wechselset für Südamerika ab; dort würde ich nirgendwo Ersatz auftreiben können.

Nichtsdestotrotz war genug Zeit, die Strecke alles andere als geradlinig nach Auckland, von wo aus ich abfliegen würde, auszulegen. So folgte ich zuallererst der Küstengegend im Westen bis kurz vor den Berg Taranaki.

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Und so ganz nebenbei... :)

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Was dann folgte, war mal wieder etwas Besonderes. Nicht unbedingt im natürlichen Sinne oder kulturellen - es war...eigenartig.

1988 waren die Einwohner des Dorfes Whangamomona nicht erfreut über die Ansage der Regierung, die Grenze zwischen zwei "Bundesländern" mitten durch ihr Gebiet zu ziehen und sie damit "auseinander zu treiben".

Was hat man also gemacht? Sich kurzerhand für unabhängig erklärt!

Gegründet wurde die Republik Whangamomona, ein winziges Dörfchen heute noch im alten Stil wie aus Wildwest-Filmen. Der Staat Neuseeland lässt die einfach mal machen. Keine Anerkennung, aber die Einheimischen meinen das todernst. Auf jeden Fall ernst genug, um einen Reisepass des "Landes" beantragen zu können - und wer nicht ganz so verwegen ist, kann sich dort ohne juristische Folgen den Einreisestempel abholen.

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Fotos aus fast vergessenen Zeiten erzählen die Geschichte der ersten Siedler

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Es gibt nur jeweils einen Weg, der hinein und hinaus führt, nur der "forgotten world highway" ebnet den Weg durch die trotz Minenarbeit gut erhaltene Region.

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Zurück in Neuseeland (höhö).

Vor mir lag die Region Neuseelands, auf die ich mich schon lange sehr gefreut hatte: der große Nationalpark Tongariro und Rotorua! Fantastische Ausblicke auf die großartige Natur des Landes und das kulturelle Zentrum der Maori. Im Gegensatz zu den Australiern und Amerikanern hat man in Neuseeland die Urbevölkerung nicht systematisch beinahe ausgerottet. Bis heute sind die Maori Teil der Gesamtbevölkerung, ihre Sprache ist lebendig und ist Unterrichtsfach an den Schulen. Rund um Rotorua, eine Region auch bekannt für heiße Quellen aus vulkanischer Aktivität und kunterbunter Glasbläserkunst, kann man sich intensiv mit ihrer alten Kultur befassen. Genau das hatte ich vor, so wollte ich zum Beispiel auch gerne eines ihrer "Haka" lernen, kriegerische Choreographien aus einer Art Tanz und lautem Gebrüll auf Maori, passend zu dem, was halt ausgedrückt werden soll. Urspünglich als Motivation der eigenen Truppe vor einer Schlacht mit feindlichen Stämmen gedacht, die auch den Feind einschüchtern sollte, gibt es heute Hakas zum Abschied für hohe Verstorbene oder auch zu Hochzeiten. Die neuseeländische Rugby Nationalmannschaft, die "All Blacks" führt vor jedem Länderspiel ein Haka auf. Auch ihre Fußballnationalmannschaft versetzt sich mit einem ihrer kriegerischen Aufführungen vor einem Spiel und dem gesamten Stadion in Kampfeslust und schüchtert die Gegenspieler ein. Interessierte Touristen können sich einfachere Hakas mit simplem Text zum Merken einprägen.

Was für uns witzig aussieht, ist für die Maori todernst: jemandem die Zunge herauszustrecken ist die Drohung, die Person, nachdem sie von ihm getötet wurde, zu verspeisen - der schändlichste Tod, den ein Maori erleiden kann

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Doch dazu sollte es nicht kommen. Die absoluten Highlights des Landes, etwas, worauf ich mich schon freute, als ich gerade Asien betreten hatte, sollten mir verwehrt bleiben. Alles ging plötzlich ganz schnell. Es MUSSTE schnell gehen.

Diese eine Sache.

Dieses unsägliche Wort. Das, wieso fast die ganze Welt kaum wiederzuerkennen ist. Der wahrgewordene Alptraum jedes Langzeitreisenden.

Lord Voldem-

Spaß beiseite. Corona. Covid-19. SARS-CoV-Wasauchimmer.

Ich muss ja sicherlich nicht breit auslegen, was geschehen ist...für mich bedeuteten die Geschehnisse den sofortigen Abbruch meiner Reise in Neuseeland und das Abkürzen nach Auckland mittels Bus. Der nationale Lockdown stand plötzlich bevor; Neuseeland ließ nicht zu, dass sich dort Szenen wie in Italien abspielen. Um 12Uhr mittags kam die Radiomeldung der Regierung, um 12:03 starben die Geschäfte aus. Schnell und effektiv, sofortiger Gehorsam. Niemand schien auf die Idee zu kommen, noch etwas abzuwarten, weil das vielleicht bald wieder aufgehoben werden würde.

Alarmstufe 3 war ausgerufen; Stufe 4 tritt automatisch 48 Stunden später in Kraft. Dann hätte ich nicht mehr auf der Straße sein dürfen. Mein Weg nach Auckland war Stoff für 3 Tage. Ohne all meinen Kram in einem Bus zu versenken, wäre ich nicht rechtzeitig in Auckland gewesen, und es war absolut sinnvoll, es dort hin zu schaffen! Auckland war mein Ziel in Neuseeland; von dort sollte mein Flug nach Kolumbien gehen um Südamerika zu durchqueren. In Flughafennähe eingesperrt zu sein war besser als im Niemandsland. Wie recht ich damit hatte!

Der ganze Rest ist schnell erzählt: Ein letzter Tag herumrollen in Auckland, die letzten Stunden "Reise".

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Zumindest den nahegelegenen Hafen konnte ich noch durchstreifen und einen der letzten der Cappuccinos der Cafés vor ihrer langfristigen Schließung genießen.

Von da an war das, was jeder heute wohl kennt. Ausgangssperre, nur rausgehen für essenzielle Aktivitäten, wozu das Reisen leider nicht zählt. :(

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Deutschland startete gerade das Rückholprogramm für Reisende, die nicht zu den wenigen gehörten, die bezahlbare Flüge nach Hause kriegen konnten - falls überhaupt noch etwas flog.

Viel schneller als gedacht lief es auch in Neuseeland an, woraufhin es am ersten Tag von der Regierung Neuseelands gestoppt wurde, ganz ohne Angabe von logischen Gründen. Die Stimmung im Hostel kippte dramatisch, die Unterhaltungen über eine Demonstration aller Touristen, denen die Heimreise im Wahrsten Sinne des Wortes verboten wurde, wurden immer lauter. Doch bevor die Wut und Verzweiflung zehntausender Europäer sich entlud, lief das Programm wieder an. Ich war ingesamt gute drei Wochen dort.

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Der letzte Flug der Lufthansa, die noch nie zuvor nach Neuseeland flog, war mein Flug nach Hause. Den letzten Flug der deutschen Fluglinie ab Auckland verabschiedete die Stadt mit dem Aufleuchten des Sky Towers in unseren Nationalfarben - eine schwache Entschuldigung für das, was sie uns mit dem über eine Woche dauernden Verbot unserer Heimreise angetan haben.

Der deutsche Botschafter war an diesem auf seine eigene Weise historischen Tag vor Ort und verabschiedete uns alle nach Hause, der Kapitän des Fliegers drehte eine scharfe Linkskurve über dem Sky Tower, sodass die Glücklichen ihn sehen konnten.

24 Stunden später war ich Zuhause. Zuhause. Bei allen Bedeutungen, die dieses Wort im Laufe der letzten drei Jahre, die diese einmalige Zeit meines Lebens andauerte, annahm: ich kam NACH HAUSE.

Das war's also. Die Welt ist verschlossen, die Reise ist vorbei.

Wie geht es weiter? Weiß der Teufel. Ich kann nur warten und schauen, was sich da öffnet und dann zugleich auch sinnvoll zu bereisen ist. Dabei weiß ich nicht sicher, ob ich das weiterhin mit dem Fahrrad mache oder nicht. Zumindest alles außerhalb Europas steht diesbezüglich auf der Kippe. Ich weiß ja nichteinmal, ob ich nun die erste Gelegenheit nach Norwegen zu verschwinden wahrnehme, sobald sie sich auftut. Bis dahin? Ich sitze Zuhause und versuche mich erstmal wieder einzuleben.

Bisher kann ich nichtmal sagen, wie ich mich angesichts meines Verlustes fühlen soll. Einerseits sind gigantische Träume gestorben, aber Zynismus und Pragmatismus polsterten mich schon immer wirkungsvoll gegen emotionale Angriffe. Ob und in welchem Umfang meine Reisen weiter gehen, steht in den Sternen, wenn überhaupt.

Durch meine lange Zeit in Australien habe ich meine Toleranz für verspätete Ankunft in Norwegen bis an die Grenze getrieben, ich kann nicht einfach warten bis alles wieder normal ist und dann weiter machen als wäre nix gewesen. Ich habe ein Zeitlimit, welches jetzt nur noch vom Virus und von Politik überschritten werden kann. Es bleibt also ungewiss.

Also eine Reisepause. Wenn ich diese Zeilen veröffentliche, öffnet sich Europa bereits wieder - das Leben geht weiter und die Reise wird es auch! Südamerika und sonstige Fernziele sind erstmal außen vor, aber sobald Europa offen steht, geht's weiter. :)

Für den Moment bleibt mir nur, dir, meinem Leser, zu danken. Ob du von Anfang an dabei warst oder vielleicht erst neulich dazugestiegen bist: ich habe mich gefreut, dich mitgenommen haben zu können und dir einen Teil der Welt gezeigt zu haben, wie sie wirklich ist - ungeschönt, keine verschwiegenen Häßlichkeiten, keine Filter. Hoffentlich hat es dir gefallen, wie es mir (meistens) gefallen hat. Es würde mich freuen, dich auch bei den noch kommenden Abenteuern dabei zu haben!

Auf dass ich dir, mir und vielen Anderen eines Tages noch mehr von der Welt zeigen kann! :) So viel mehr ist zu entdecken und es wäre zu schade, dies nicht tun zu können. Hoffen wir das beste!

Bis zum nächsten Abenteuer,

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