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Drama in drei Akten

Der erste Akt: Initiation

Vietnam. Südostasien. Hier nahm es seinen Anfang. Nach einer langen Zeit in Gegenden die in vielerlei doch unterschiedlicher Hinsicht anstrengend waren, lag nun endlich ein Teil der Welt vor mir, der zum ersten Mal soetwas wie "Urlaub" bedeutet. Bedeuten kann.

Von China aus kommend gelangte ich in Mong Cai über die Grenze. Ein langweiliger Grenzübertritt, denn zusammen mit vielen anderen die rüber wollten musste ich in einer Schlange stehen, während nebenan lauter Leute einfach durchspazieren durften. Ich versuchte die Reisepässe zu erkennen und daran irgendwelche Besonderheiten wie "erleichterter Grenzübergang für Einheimische" festzumachen, aber die sahen immer wieder anders aus.

Keine Ahnung, wieso ich zwei Stunden mit anderen Asiaten, welche ebenfalls unterschiedlichste Pässe hatten, Schlange stehen musste.

Für mein Gepäck hat man sich nicht im Geringsten interessiert. Auf vietnamesischer Seite natürlich meine obligatorische Frage, wo ich Geld wechseln kann. Auf der Grenze sprach niemand Englisch - böse Befürchtungen wie ein China 2.0 machten sich breit, doch mit etwas Hand, Fuß und der Übersetzungsapp erfuhr ich von einer Bank gleich um die Ecke.

Dort sollte ich allerdings erstmal lebendig ankommen. Vietnam ist Weltranglistenerster im Bezug auf Verkehrstote.

Wenn man sich die Sicherheitshinweise des auswärtigen Amtes dazu durchliest erhält man den Eindruck, dass man direkt auf der Grenze von einem Amok fahrenden Irren im LKW einen äußerst häßlichen Tod aufgezwungen bekommt.

Nun, ich schreibe diese Zeilen mehr als 40 Tage danach. Irgendwie sind alle an mir vorbei gerauscht; da fehlte etwas Zielwasser. Is' nich' viel passiert.

In der Bank erzählte man mir auf Englisch (puuuuhhh, gutes Zeichen!), dass vor Ort kein Geld gewechselt wird. Ich sollte zur Bank nebenan gehen.

Das gleiche Schauspiel, nur ein Gebäude weiter. Hier allerdings schickt man mich ein Stück weiter; ich sollte zur Vietcong Bank.

Vietcong?!

Mein Gesichtsausdruck muss in etwa der eines jüdischen Touristen in Deutschland, dem man gesagt hat er müsse zum Geld wechseln "zur Wehrmachtsbank, Im Führerbunker 18, einfach 88 Meter die Straße runter, rrrrechts halten", gewesen sein.

Nuja, so hat jedes Land seine eigene Art der Vergangenheitsbewältigung.

Ein wenig irritiert begab ich mich denn auf den Weg und konnte mein Ziel nicht finden. Noch bevor ich einen hilfslosen Gesichtsausdruck aufsetzen konnte, fuhr ein einheimischer Rollerfahrer neben mir her und fragte auf astreinem Englisch, was ich suche und konnte mich auch direkt dort hin lotsen - besten Dank! :)

Vor dem Gebäude stehend wurde bezüglich der Namensgebung einiges klar: Vietcom Bank. Nicht Vietcong.

Geld wechseln funktionierte und das vietnamesische Abenteuer konnte beginnen!

Die Tage führten mich mal mehr, mal weniger an der Küstenlinie entlang der Ha Long Bucht nach Cat Ba, einer schönen Insel. Auf dieser Insel wurde in mir etwas ausgelöst, was ich beinahe vergessen hatte.

Ausblicke auf das Meer, Palmen, Strand, gutes Essen,...Die große Initiation meines Wunsches nach Urlaub. Hier fand sie statt.

Die große Freude auf mehr Südostasien wuchs weiter und ich konnte es kaum erwarten mehr zu sehen!

Zunächst einmal gab es vor allem mehr Touristen zu sehen. Verletzte Touristen.

In Vietnam reisen viele mit einem gekauften Moped, welches etwa alle 300km hier und da geschweißt werden muss durch die Gegend und erstaunlich viele trugen Blessuren von Schürfwunden bis hin zu Knochenbrüchen zur Schau - das Ding mit dem auswärtigen Amt und den Verkehrstoten in Vietnam ist offenbar ernster zu nehmen als gedacht...

Weiter über Haiphong nach Hanoi, der wuseligen Hauptstadt Vietnams. Wegen der Zeit zum Einholen des Visums für Laos bin ich dort länger geblieben als eigentlich gewollt, denn wie sonst auch kann ich mit derartigen Städten einfach nichts anfangen. Drei mal die Minute fragt einen jemand, ob man Gras kaufen möchte, ob man "Fakka Fakka Bum Bum" will oder ob es was Härteres sein soll. Einfach nicht mein Ding, unabhängig der Vorzüge der Stadt.

Das Hostel lag direkt neben einer großen Kirche und ich sollte etwas geschockt werden, denn ich war derartige Bauten nicht mehr gewohnt.

Wir kennen Kirchen in Europa. Sie sind aus dunklem Stein, man sieht Statuen von traurig dreinblickenden Menschen und bei den richtig alten Beispielen auch Statuen von Goblins, Gremlins oder was auch immer für dämonischem Zeug. Im Inneren das selbe, wenn nicht noch schlimmere Dunkel wie außen, mehr Bilder von traurigen Menschen und der obligatorische, blutige Leichnam eines Menschen an ein Kreuz gehämmert.

In Europa präsentiert das Christentum sich als Religion der Trauer und des Todes - das ist zumindest der erste Eindruck, wenn man als Außenstehender oberflächlich damit in Kontakt kommt. In China sah ich viele Kirchen die mit gutem Beispiel zeigten, dass selbst die Christen gute Publicity leisten können. Farbige Gebäude, bunt und einladend, keine perversen Anblicke von blutigen Toten die irgendwo festgenagelt sind.

In Vietnam geht man leider wieder den europäischen Weg.

Das Beste, was ich aus der Zeit in Hanoi gemacht habe, war ein Kochkurs! Eine private Lehrstunde in der Küche eines recht schicken Restaurants. Wir machten Frühlingsrollen, Hühnchenfilet mit Gemüse und scharfen Papayasalat. Zusammen mit den vielen Informationen zu guten Effekten der Kräuter die mit verwendet werden habe ich endlich etwas tolles gelernt :)

Nachdem das Visum für Laos im Pass war, konnte ich die Stadt endlich wieder verlassen und kam zuallererst nach Mai Chau, einem kleinen Paradies. Aber WIE ich da hin gekommen bin!...Ein 140km Ritt, obwohl ich zuvor gesehen habe, dass ich viele Berge zu erklimmen hatte. Keine Ahnung, wieso ich das gemacht habe, doch es hat ja irgendwie geklappt. Viele Berge hochschieben, zu kurze Abfahrten...zwischendurch überholten mich immer wieder Rollerfahrer mit ungewöhnlichem Gepäck (ungewöhnlich für Einheimische). Touristen mit ihrem Rucksack auf dem Gefährt; davon fahren zur Saison eine Menge durch das Land. Immer wieder grüßen sie mich.

Als es schon dunkel war hatte ich noch mehr als 20km vor mir, es ging alles gut aus.

Im Hostel dann Beifall und Gejubel. Also, mein Auftritt als Radreisender in Hostels führt ja immer zu Reaktionen wie:

"Oha, wer ist das denn?"

"Wo hat das Ding den Motor?"

"Du bist verrückt!"

Aber wie ein Star fühlte ich mich vorher nie. Es war eine Gruppe Niederländer, welche mich zuvor überholte und es kaum glauben konnte, dass ich die ganze Strecke an einem Tag gemacht hab - konnte es ja selbst kaum glauben.

Wir freundeten uns fix an und gleich den nächsten Tag sahen wir uns gründlich in Mai Chau um. Wie gesagt, einem kleinen Paradies...

Die Vietnamesen im Norden machen nahezu ALLES aus Bambus.

Mai Chau verließ ich nach Nordwesten, ich peilte den nördlichsten Grenzübergang nach Laos an. Ahnungslos, dass das keine besonders gute Idee ist.

Mehr als eine Woche lang schob ich mein Rad täglich vier bis fünf Stunden die Berge hoch, genau wie den Tag der Anreise nach Mai Chau. 8-12% Steigung, einfach mal gemütliche Steigung oder gemütliche Abfahrt gibt es dort nicht, nur Extreme. Doch Berge allein sind kein Grund zum Unbehagen! Es kamen natürlich noch das südostasiatische Klima und das Essen dazu.

Essen. Da ist es wieder, eines der wichtigsten Themen im Leben des Radreisenden. Was essen die Vietnamesen im Norden? Reisnudelsuppe. Selten mal Klebreis mit Gemüse, ich habe jedenfalls oft nur diese Suppe gefunden. Nudeln? Entweder eben Reisnudeln oder Instantquatsch. Die Zeiten der Verwöhnung mit den besten Nudeln meines Lebens fand nach dem Verlassen Chinas wohl ihr Ende. :(

Ich hatte erwartet, in Vietnam deutlich mehr westliche Nahrung vorzufinden, was in den touristischeren Orten an der Küste auch so ist. Das Inland abseits der bekannten Orte hat davon allerdings nichts zu bieten.

Was jedoch im Übermaß vorhanden ist, ist Karaoke.

Die Asiaten singen gern.

Und laut.

Ich bin wirklich nicht der Richtige um den Gesang von Menschen, deren Sprache ich nicht verstehe zu beurteilen, daher lasse ich es. Allerdings beurteile ich Nachts gewählte Zeitpunkte, zu denen Menschen eigentlich zum Schlafen neigen als äußerst unglücklich gewählt. Überall in Vietnam gibt es die sogenannten "Nha Nhgi", Gasthäuser. Die Räumlichkeiten sind einfach, meistens ein Doppelbett weswegen eben doppelter Preis gezahlt wird. Nicht unbedingt günstiges Reisen, aber hin und wieder kann man Glück haben und ein Einzelzimmer finden, was dann billig ist.

Diese Gasthäuser verfügen manchmal über ein Karaoke Schild; dann weiß man was kommt. Meistens aber nicht.

Gesungen wird entweder bis Mitternacht oder es endet früher, startet um 3Uhr aber wieder.

Andere Länder, andere Sitten...das Ding mit der Ruhe, die der Gast im Haus haben möchte, ist schlicht fremd. Ich kann's nicht verübeln.

Der ganze Weg von Hanoi in den Nordwesten mangelte an allem, zu dem Cat Ba in mir Sehnsucht ausgelöst hat. Doch ich wollte den Norden extra besuchen und auch den Norden Laos begutachten - er soll besonders schön sein.

Übel fehlernährt und ausgelaugt von den Bergen inmitten praller Sonne bei über 30° erreichte ich schlussendlich (ebenfalls auf einem Berg...) die Grenze.

An dieser Stelle verlässt der Protagonist die Bühne und zieht sich zu einer...."Pause"...nach Laos zurück.

Der zweite Akt: Sehnsucht

Der Protagonist erscheint erneut auf der Bühne, wirkt allerdings nicht sonderlich erholt.

Vietnam wird im Gegensatz zur ersten Einreise mit dem Bus erreicht. Ein Bus von Pakse in Laos, welcher bis nach Hue fuhr.

Hue liegt an der Küste, im Zentrum des Landes. Die Küstenlinie von Hue immer weiter südlich ist bekannt für Tourismus und damit einhergehend mit dem, wonach ich seit Cat Ba Sehnsucht hatte und gleich im Anschluss lange Zeit vor mir schieben musste.

Hue ist zudem die ersten Stadt Vietnams, welche mit kulturellem Inhalt begeistern kann - mit Tempelanlagen hält sich der Norden sehr zurück, sodass so ein alter Kaiserpalast doch mal was für's Auge ist!

Weiter im Süden: Hoi An. Sehr touristische Großstadt voll mit schicken Hotels, viel Westfutter und einem Strand. Allerdings ist dort starker Wellengang, die Bademöglichkeit wird nicht genutzt.

Ich selbst nächtigte in einem Hostel weitab vom Strand und abseits der Innenstadt. Ein weiterer Kochkurs mit informationsreichem Einkauf auf dem Markt und etwas Unterhaltung mit traditionellem Schmuckbasteln war erneut mein sinnvollster Zeitvertreib. Es gab wieder Frühlingsrollen, dazu eine Art Rolle aus Salatblatt mit einer Garnele und Schweinefleisch plus Kräuter darin, was in eine klassische Soße getunkt wird - und Pho.

Pho.

Das ist der Name der Reisnudelsuppe, welche mich von Hanoi bis durch fast ganz Laos gequält hat.

Sämtliche Gedanken und Kommentare zu diesem..."Gericht" habe ich aus Gründen der Höflichkeit für mich behalten. Nur die zwei hübschen Niederländerinnen die dabei waren, durften aber meine Geschichte mit der Suppe erfahren. :)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur vietnamesischen Küche muss ich eines los werden: ich kapiere sie nicht. Aus Gründen.

Von Hoi An aus immer weiter der Küstenlinie folgend durfte ich allerdings Bekanntschaft mit einem neuen Wegbegleiter machen. Einem, den ich zuvor im Norden und in Laos dringend benötigt hätte:

Banh Mi.

Ein für Vietnam typisches Baguette, regional unterschiedlich und einfach suuuupeeeer geil! Reisnudelsuppe drei mal am Tag, weil es kein Westfutter gibt? Die Zeiten waren vorbei, nun wurde bis zu drei mal am Tag dieses Baguette gegessen und ich liebe es heute noch!

Mit Nha Trang erreichte ich erstmals einen Ort, in dem auch endlich Erholung am Strand angesagt war!

Alles, was ich wollte war endlich verfügbar und wie ich es genossen habe...!

Doch der Spaß sollte ein unschönes Ende haben. In der Nacht vor der Abreise wachte ich mit den heftigsten Schmerzen meines Lebens auf. Und es wurde ständig schlimmer. Der freundliche Typ vom Hostel organisierte schnell ein Taxi in das nächste Krankenhaus, wo man sehr bald einen Nierenstein diagnostizierte. Meine erste Befürchtung von etwas mit dem Blinddarm war also erstmal beiseite gelegt, sehr gut. "Sehr gut" in einem Moment mit Schmerzen, welche mich nach Stunden des Wimmerns sogar dazu brachten nach Hilfe zu rufen - die Ärzte waren äußerst entspannt und niemand hatte wirkliches Interesse daran, mir zu helfen. Ich lag da also auf einem Bett und das war's. Man drückte mir eine Flasche Wasser in die Hand und sagte "Sie müssen viel trinken" und "Das dauert jetzt etwas".

Zu dem Zeitpunkt wusste ich von einem Bekannten, der seit Wochen(!) in Behandlung wegen Nierensteinen war. Was zur Hölle erwartete man von mir in dieser Nacht?!

Noch in der selben Nacht brachte man mich in ein größeres Krankenhaus, dort sollte man mir besser helfen können.

Dort lag ich eine geschlagene Stunde im Bett der Notaufnahme unter den Augen des Personals, immernoch wimmernd und mich windend, bis man mich allen Ernstes fragte, was denn mein Problem sei.

Die Dame, welche mir dazu ihr Handy mit der Übersetzungsapp hinhielt, war in perfekter Reichweite für einen Tritt in den Unterleib; das hätte ihr eine Idee von meinem Schmerz gegeben. "Sehen Sie? Das, was sie jetzt wollen will ich seit vier Stunden. Schmerzmittel, verdammt!"

Natürlich habe ich sie nicht getreten. Aber die Fantasie nimmt erstaunliche Wege, wenn der Schmerz nach und nach den Verstand aussetzt.

Nachdem ich mein Anliegen zivilisiert artikulierte, versetzt man mich auf ein Zimmer in den oberen Stockwerken, ein Doktor fragte nochmal was los sei und wenig später geschah eine Menge von dem, was ich absolut furchtbar finde doch in diesem Moment nicht anders wollte: Spritzen, Tabletten, ein Zugang und ein Tropf.

Traumwelt.

Erwachen.

Nach einem Blick auf die Uhr stellte sich heraus, dass ich binnen Sekunden ausgeknockt wurde und dann zwei Stunden erlösend schlafen durfte und wachte ohne Schmerzen auf - die müssen mir echt was hartes gegeben haben!

Auf dem Zimmer befanden sich lauter Leute; Freunde und Familie der anderen Bettlägerigen. Zwei harte Pflegefälle die eigentlich nur darauf warteten, dass man sie endlich sterben lässt, ein reiferer Herr mit ständig amüsiertem Gesichtsausdruck und Schalk in den Augen welcher mir nicht sagen wollte, was er hat und ein Typ im perfekten Alter für die Midlife Crisis, welcher sich einen hübschen Lungenkrebs angeraucht hat und nun den ganzen Tag reuevoll an die Decke starrt. Raucher sind EIN Volk, egal wo auf der Welt. Es ist immer erst das (potentielle) Sterbebett, welches etwas Grips eintrichtert, bevor mit dem Schwachsinn aufgehört wird.

Diese ganze Krankenhausgeschichte könnte ich noch eine ganze Weile weiter ins Detail gehen lassen, doch schaut euch einfach das Absurdeste aus "Scrubs" und "Dr. House" an, um eine gute Vorstellung vom Wahnsinn zu bekommen. Vielleicht noch etwas "Schwarzwaldklinik".

In mehreren Tagen hat man es nicht geschafft, meine für die Versicherung wichtigen Dokumente auszudrucken. Dass meine Versicherung überhaupt von allem erfuhr lag einzig und allein am hilfsbereiten Eingriff von Freunden in Deutschland, welche für mich anriefen, denn mit meiner SIM Karte geht das nicht und das Krankenhauspersonal weigerte sich - es weigerte sich auch, mich deren Telefone nutzen zu lassen.

Da es auch niemand für angebracht hielt, genauere Untersuchungen zum Verlauf der Krankheit zu unternehmen, wusste ich nie auch nur im Ansatz, wie lang das Drama dauern sollte. Ich musste davon ausgehen, nach Deutschland ausgeflogen werden zu müssen, weil man sich hier einfach einen feuchten Kehricht interessiert hat. Wenn die Schmerzmittel nachließen und ich es nicht mehr aushielt, fand ich die Schwestern auf einer Matratze in ihrem Büro liegend. Mal mehr, mal weniger wach. Wenn wach, dann mit dem Handy am Spielen.

Ich verfechte ja entspannte Arbeitsweisen (meine ehemaligen Arbeitskollegen grinsen oder fluchen in diesem Moment :* ), aber DAS war selbst für mich zu viel.

Zwischeneinlage:

Eine Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

Ein Typ liegt mit schlimmen Schmerzen und Ahnungslosigkeit vom Verlauf seiner Krankheit auf der Station und ein irritierter Gast fragt die auf der Matratze liegenden Schwestern, ob dem Ausländer heute noch geholfen wird.

"Nee", sagen die Schwestern im Chor.

"Aber wenn ihr ihm helft, geht es ihm vielleicht besser. Er kann die Situation zumindest besser ertragen."

"Ach...sind doch nicht unsere Schmerzen."

"Hm...wisst ihr, wenn ihr seine Schmerzen lindern könntet oder etwas tätet um seine Krankheit zu bekämpfen, würde es vielleicht besser werden!"

"Was meinst'n?"

"Nunja. Wenn seine Krankheit bekämpft wird, lindert es vielleicht seine Beschwerden! Dann werdet ihr seltener von ihm besucht und nach Schmerzmitteln gefragt, ihr müsst seltener nach ihm sehen und irgendwann...ja irgendwann...da ist er geheilt und er verlässt das Krankenhaus!"

"Und dann?"

"Dann könnt ihr hier auf der Matratze liegen und euch entspannen."

"Aber das tun wir doch jetzt schon?"

Etwas unangenehm belehrt und leicht fassungslos schlurft der Gast durch den Gang der Station vorbei an dem Zimmer mit dem Ausländer, welcher im Gegensatz zu den anderen allein ist. Er blickt einmal mitleidig durch die Tür und geht kopfschüttelnd seiner Wege.

...

Das Original ist natürlich besser. :)

Ich wurde nochmal versetzt und kam mit einem jungen Chinesen auf ein Zimmer. Das arme Schwein hat sich das Dengue Fieber eingefangen.

Nach vier oder fünf Tagen wurde ich plötzlich regelrecht rausgeworfen. Ich wachte morgens auf, hatte aus welchem Grund auch immer keine Schmerzen, der Doktor schrieb deswegen eine Entlassungsbescheinigung mit dem Wortlaut "Keine Schmerzen mehr" und ich sollte Abends das Krankenhaus verlassen.

Dass ich kurz nach der Visite des Docs wieder von Schmerzmitteln abhängig war, interessierte niemanden.

Nun, diese fiese Zeit war vorbei. Anzumerken sei allerdings die hoch zu lobende Hilfe des Personals vom "Straw Hat Hostel"! Die Krankenpflege wird in Vietnam zu 100% von Angehörigen übernommen. Als Alleinreisender war ich aufgeschmissen, doch diese Superhelden mit Strohhüten haben mich nicht verhungern lassen! :)

Nach einer letzten Nacht in Nha Trang verließ ich den nächsten Morgen ohne Schmerzen das Hostel und radelte weiter in den Süden. Die Tage verliefen ruhig und ohne jede Besonderheiten, bis eines Tages die Schmerzen wieder kamen, abrupt endeten und ich kurz darauf einen Stein auspinkelte - hör auf, es dir vorzustellen!

Damit ist das Thema wohl endgültig durch.

Der dritte Akt: Feierlichkeiten

Entspannt und froh über die offensichtliche Genesung ging die Reise entlang der Küste weiter. Erstaunlich entspannt...für eine erstaunliche Geschwindigkeit!!

Ein Blick auf den Tacho machte mich sehr stutzig, über 40km/h in der flachen Ebene, keine Abfahrt und ich trete nichtmal in die Pedale? Was ist das für ein Gefühl im Rüc.....IST DAS RÜCKENWIND?! So also fühlt es sich an....es ist...wunderschön.

Anstatt von Vung Tau musste ich nun Mui Ne als Ort zur Suche nach einer Austauschfamilie für die Weihnachtsfeierlichkeiten auswählen. Keine schlechte Wahl, der Ort ist hübsch, das Hostel war voll mit jungen Leuten die genauso weit weg von der Familie sind wie ich - ein Riesenhaufen besoffener Gleichgesinnter die sich Weihnachten mit Beer Pong, Billard, Gras und einem Pool vertrieben. Vietnamesischer Ballermann, wenn man so will.

Über 30°, entspannen im Palmenschatten, Bikinis. Seit Griechenland keine europäischen Kurven in Bikinis mehr gesehen. :')

"Last Christmas" im Ohr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die absurdesten Weihnachten meines Lebens - bisher. Ich bin sehr gespannt, wie und wo meine nächsten Weihnachten stattfinden! :)

Den Tag, welchen ich mir zum Verlassen Mui Ne's ausgesucht hatte, sollte die Gegend von einem heftigen Sturm getroffen werden. Diesen wollte ich als Rückenwind nutzen, denn er kam aus dem Osten. Doch der Fluch der auf mir lastet und mir eigentlich permanenten Gegenwind beschert war mächtig genug, den Sturm auszuschalten. Totale Flaute, nix los. Dasselbe nochmal ein paar Tage später. Am Mekong Delta wurden ganze Landstriche evakuiert und die Fischer durften nicht raus fahren, da muss doch etwas Rückenwind drin sein! Nein, muss es nicht. War auch nicht. Kaum eine Brise zu spüren. Besser als abzusaufen allemale :)

Den morgen der Abreise aus Vung Tau durfte ich noch beobachten wie ein Pärchen seinen Sohn verprügelt, bevor ich auf meine Fähre durch einen Teil des Deltas nach Saigon stieg und fand mich verspätet aber voll im Plan im letzten Ziel für dieses Jahr ein.

Saigon und ich lernten uns zu einem ungünstigen Moment kennen. Ich war mental extrem festgefahren; mehr als "Füße hoch", "Westfutter verschlingen!" und am Training der lokalen Capoeiragruppe teilnehmen war schlicht nicht auf dem Schirm. Die Stadt hat sicherlich was zu bieten - ich bin aber wirklich der Falsche, das zu beurteilen. NICHTS habe ich mir angesehen, meine Aufnahmefähigkeit für Asien war erschöpft, bis ich ausreichend Füße hochgelegt und Westfutter verschlungen hatte.

Dies war am Silvesterabend geschafft. Den Abend vor der Abreise, also habe ich die komplette Stadt einfach mal verschmäht.

Und mit der Silvesternacht endete mein Jahr 2017, welches das wohl soweit bedeutendste meines Lebens ist.

Morgens, nur wenige Stunden nach der Rückkehr der Besoffenen ins Hostel auf das Rad und Abschied von Vietnam; Einreise nach Kambodscha.

Der Protagonist verbeugt sich huldvoll und der Vorhang schließt sich.

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