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Eine einzigartige Kletterei lag direkt vor meinen Augen: vom Meeresspiegel aus auf 3100 Meter hoch, gestreckt auf gute 80km. Beinahe ohne Unterbrechung geht es nur bergauf. Niemals zuvor habe ich so viel Zeit im 1. Gang meiner Schaltung verbracht. Zweieinhalb Tage hat dieser Aufstieg gedauert.

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Der Aufstieg begann sehr angenehm, entwickelte sich jedoch rasch zu dem Gekraxel mit Schrittgeschwindigkeit welches mir prophezeit wurde.

Und als hätt'mers geahnt: auch dort auf dem Weg Tempel :)

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Die erste Nacht verbrachte ich unplanmäßig in...einem Restaurant!

Im Schneckentempo draufzu kullernd hatte ich bereits die Uhr, den Sonnenstand und den Füllstand meines Magens fokussiert. Bedeutend weiter hätte ich es nicht mehr gemacht, also fragte ich die davor sitzenden Einheimischen, ob es denn wohl möglich wäre neben dem Gebäude das Zelt aufzuschlagen. Stattdessen lud man mich ein das Zelt in einem Nebenraum aufzubauen.

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In einem trockenen Zelt aufzuwachen macht den Umstand, überhaupt in einem Zelt aufwachen zu müssen schon deutlich weniger umständlich.

Der zweite Tag war in beinahe jeder Hinsicht ziemlich unspektakulär. Die gewohnten Aussichten auf saftig grüne Bergzüge halt. Nur zwei Eigenheiten: ich traf auf eine Gruppe einheimischer Radler, welche allgemein viel in Taiwan unterwegs ist und darüber auch bei YouTube einen Kanal betreibt. Diese zeigte sich von dem, was ich da tat beeindruckt - klar, wenn man selbst sein Rad auf dem Dach eines großen Transporters auf den Berg bringt, um dann lediglich die Abfahrt zu genießen ist mein 6km/h-Gekrüppel absolut beeindruckend :)

Wochen später war ich dann im Videolog zu deren Radreise in Taiwan zu sehen. Ein kurzer Auftritt, doch nun bin ich berühmt!...bei vielleicht 10 Taiwanern. Oder so.

Highlight des Tages: Ankunft auf dem Gipfel! Richtig gelesen, nicht nach Zweieinhalb Tagen war ich dort oben, sondern nach zwei! Dass ich ihn nach zweieinhalb Tagen erst so "richtig" erreichte, lag daran, dass ich mir dort oben den Arsch abgefroren habe. Die Nacht drohte eisig kalt zu sein und meine Kleidertasche sah für die tropischen Verhältnisse bis auf meine Regenjacke eigentlich nichts kältegeeignetes vor. Glücklicherweise lernte ich dort oben zwei weitere Radler kennen, einen Neuseeländer und einen Polen die zusammen unterwegs waren, allerdings nicht schwer beladen sondern seeehhhhr leicht. Sie erzählten mir von der preiswerten Jugendherberge 15km die Straße runter - "runter" nicht auf der anderen Seite sondern die Seite die ich hoch kam. Bevor ich mir dort oben nachts den Tod holte, rollte ich kurzerhand wieder hinab, gönnte mir die warme Dusche, viel gutes Essen und Gesellschaft.

Dort erfuhr ich auch von einem Event, welches den nächsten Tag vor Ort stattfinden sollte: ein Radrennen von Hualien bis zum Gipfel. Also das, was ich zwei Tage lang voll beladen im Schritttempo bewältigt habe würden den nächsten Tag dutzende Verrückte ohne Gepäck an einem (teilweise halben) Tag machen...na, wem's Spaß macht?

Mir jedenfalls machten die Gesichter der Leute Spaß, als ich mich völlig ungeplant "mitten" in das Rennen eingeschleust hatte und mit meinem LKW von einem Fahrrad den Gipfel zum zweiten Mal erreichte. Man erntet ja Gesichtsausdrücke der einen umgebenden Menschen der unterschiedlichsten Art, aber eine derartige Fassungslosigkeit stand bis dahin noch niemandem auf meiner Reise ins Gesicht geschrieben! Logisch, dass die Stimmung in der Ziellinie, wo bereits etliche Radler als Absolventen ihre Leistung feierten ein wenig hochkochte als ich etwas ungewöhnlicher Anblick eintrudelte - nicht viel langsamer als die Renner, welche zu dem Zeitpunkt des Rennens beinahe am Ende ihrer Kräfte waren und nichtmehr viel schneller als ich. Entsprechend natürlich auch mein Grinsen :)

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Abfahrt!

Jeder Berg hat zwei Seiten.

Wo man rauf fährt, fährt man auch wieder runter.

Das sind so Sprüche, die sich Radler einreden, wenn sie mal wieder auf soeinen Klopper zurollen. Ich jedoch hatte nie zuvor wirklich den Eindruck, dass es von irgendwas wirklich wieder runter ging. Bis dorthin.

Wofür ich zuvor mehr als zwei Tage kämpfte erledigte sich dann plötzlich in weniger als drei Stunden - Pausen eingerechnet. Die Pausen während der rasanten Abfahrt machte ich, damit sich die Hände, welche ständig krampfhaft die Bremshebel ziehen mussten, entspannen konnten. Fast hatte ich Angst, meine Bremsmatten würden sich verflüssigen (wer mal nach einer auch nur kurzen Abfahrt aus Versehen an eine Bremsscheibe kam weiß, was da für Temperaturen entstehen), aber das ist - hoffentlich! - unmöglich. :)

Die Abfahrt endete in Puli. Die Stadt hat entgegen der Vermutung nichts mit Oberkörperbekleidung zu tun; stattdessen ist sie einfach nur noch soeine Stadt. Nur halt in einem recht schönen Tal, wo man sich nochmal ein oder zwei Tempel hätte angucken können, aber...

Nach drei Tagen Pause erneuter Aufbruch. Puli liegt in einem Tal zwischen den Bergen...also musste ich dort wieder raus klettern. Diesmal allerdings mit mehr Belohnungen...:) Der Weg führte zunächst am "Sonne und Mond See" vorbei, welcher mit einer Tempelanlage lockte, welche den Umweg um den See absolut wert war.

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Hab ich mal erwähnt, dass ich von diesen Tempeln kaum genug bekommen kann?...Nein?

Nächste Besonderheit: Ali Shan!

Eine Örtlichkeit hoch oben in den Bergen, sehr abgelegen und urig, absolut schön. Dazu gehört ein Nationalpark mit gleichem Namen. Viel zu sehen gibt es da nicht, aber immerhin diesen "3-Generationen-Baum": Ein Baum auf einem Baum auf einem Baum.

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Die Tage verbrachte ich in einem katholischen Kloster. "Kloster", so hat das ein gewisser Jemand zumindest genannt. Faktisch ist das lediglich ein Hostel mit Kapelle gewesen; sehr zu meinem Glück hat man mich mit religiösem Gehabe in Ruhe gelassen, dabei hatte ich schon befürchtet, man würde sich auf jemanden, der optisch Christ sein muss regelrecht stürzen, aber dem war dann nicht so.

Während der Abfahrt dann der Oberhammer:

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BOOM!

Saftige 20.000km ! Die Hälfte des Äquators! Bei dem Blick auf meinen Tachostand hätte ich beinahe vergessen, meine Umgebung im Auge zu behalten, doch ihre Schönheit ist nicht an mir vorbeigezogen.

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Solche Ausblicke während einer abermals langen Abfahrt, diesmal von Ali Shan hinunter in Richtung Westküste. Von dort aus immer weiter in den Süden; nicht bis in den tiefsten Süden, aber immerhin bis Kenting.

Vorbei an von Plastikmüll verseuchten Stränden. So viel zu meiner Idee des Tauchens in dieser Gegend. Doch das wäre auch ohne Plastikmüll nichts geworden: während ich in den Städten auf dem Weg in den Süden immer wieder etwas Pause einlegte (ich war echt gemütlich unterwegs), wurde Taiwan von einem Taiphun getroffen, welcher sehr viel Sediment aus den höher gelegenen Hügeln hinab ins Meer spülte und dort für unmögliche Sichtverhältnisse im Wasser sorgte. Das Wasser war mehrere Hundert Meter weit vom Strand entfernt noch tiefbraun. Es würde Wochen dauern, bis sich das alles in dem windgepeitschten Gewässer gelegt hätte.

Während den Nachzüglern dieses Taiphuns saß ich bereits wieder im Sattel und erwähnte Schlammwassermassen überfordertern die Kanäle, welche neben den Gebirgs- und Hügelstraßen verlaufen. Man kennt solch ein Wetter, doch wenn es zu übel wird treten die Abfuhrkanäle über und die Straßen werden überschwemmt. Da bekam selbst für mich als Radler das Wort "Aquaplaning" eine neue Bedeutung :)

Erdbeben gab es auch! Man liegt nichts böses ahnend im Bett und schaut seine Lieblingsserie, da glaubt man plötzlich, ein LKW donnert ein Stockwerk tiefer durch das Gebäude. Es rumpelt und alles, was nicht fest anliegt scheppert laut von den Vibrationen. Interessante Erfahrung! Es war nur eines von vielen leichten Erdbeben, welche man in Taiwan ebenfalls nur zu gut kennt. Als ich mit aufgerissenen Augen und einem 300er Puls vor dem Gastherrn stand, schaute der völlig teilnahmslos von seinem Tablet auf und wirkte entsprechend unbeeindruckt.

War ja nur ein Erdbeben :D

Allgemein hat die Gegend entlang der Westküste nicht viel zu bieten. Dicht besiedelt halt. In Kenting, einem Surferparadies sah die von dem Taiphun umdekorierte Natur auch nicht ganz so klasse aus. Blöden Zeitpunkt erwischt.

Da war das hier schon echt das Geilste:

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Das tödlichste Stück Straßenverkehr, welches ich in ganz Asien gesehen habe.

Passt bloß auf, Jungs....EINE falsche Bewegung und DAS WARS!

...diese Ironie, dass das bei "rot" gezeigt wird!

Da es bis auf gefährliche Ampelschaltungen nichts zu sehen oder tun gab, lag es eben nah, bald wieder den Rückweg nach Taipei zu nehmen. Bis zu einem Punkt war der Rückweg erstmal der Selbe (geschuldet der Geographie), doch dann änderte sich meine Route für eine grandiose Besonderheit.

Klar, Tempelkram! :)

Fragt sich nur, WAS für welches...

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